Pilgern daheim

Vom „Rigi“ zur Ulrichsquelle

HOHENPEISSENBERG – Eine prächtige Aussicht, ein steiles Bergab zu Beginn und am Schluss, lange ebene Wege in der Mitte; dann Wälder, Moore, die Kirche St. Leonhard im Forst, die Ulrichskapelle in Paterzell und mehrere Bildstöcke: All das kennzeichnet die erste Etappe auf der Nordschleife des Pilgerwegs „Heilige Landschaft Pfaffenwinkel“. Sie führt auf 14 Kilometern vom Hohen Peißenberg nach Paterzell. 

Der Pilgerweg beginnt da, wo hinter der Gnadenkapelle und Wallfahrtskirche auf dem „Bayerischen Rigi“ der Wetterpfad des Meteorologischen Observatoriums mit der achten Station aufhört. Eigentlich führt die Wanderroute direkt in nordwestlicher Richtung hinab in den Ortsteil Hetten. Doch an diesem sonnigen Tag mit 23 Grad und klarer Sicht zu den Bergen ist es reizvoll, einen kleinen Umweg Richtung Süden in Kauf zu nehmen. So kann man das einzigartige Bergpanorama nicht nur auf dem 988 Meter hohen Plateau des Hohen Peißenbergs auf sich wirken lassen, sondern auch beim Abstieg. 

Der Hanslweg, der vom Berg ins Dorf hinunterführt, ist ein schmaler Pfad. Alte, weitverzweigte Wurzeln mächtiger Buchenstämme sind über dem Erdreich. Auch nach Verlassen des Waldstücks bleibt – vorbei am Hochbehälter – der schöne Blick über die Ortschaft Hohenpeißenberg zu den Bergen erhalten, wobei im Westen der Markt Peiting zu erkennen ist. 

Unten angekommen, geht’s vorbei am weiter unten gelegenen Stiefelweiher Richtung Nordwesten in den Ortsteil Hetten. Zunächst ist die Straße zum Weiler Buchschorn noch breit, dann wird sie nach einer Abzweigung schmal. Buchschorn ist der älteste Weiler in der Gemeinde Hohenpeißenberg.

Im Sedlhofwald ist der Forstweg gut gekiest. Das soll auch auf den nächsten vier Kilometern so bleiben. In diesem Waldstück begegnen einem an diesem Nachmittag im August nur zwei Radfahrer. Da kann der Wanderer ganz in die Stille eintauchen. Hinterm Schilf links steht – schon leicht zugewachsen – eine Infotafel zur Moor-Renaturierung. Frösche quaken im braunen Tümpel. Grillen zirpen. 

Es lohnt sich, still zu sein, stehenzubleiben, genau hinzuhören und hinzuschauen. Wie hat der Weilheimer Stadtpfarrer Engelbert Birkle gesagt, als er auf dem Pilgerweg mit einer Gruppe des Landvolks unterwegs war: „Nicht quatschen, sondern Gehör schenken.“

Nach leichtem Anstieg erreicht man hinter dem Wald den Weiler Schwabhof. Von dort geht es in nördlicher Richtung nach Linden und weiter nach Forst, wo die Leonhardskirche mit ihrem Zwiebelturm einen Besuch wert ist. Drinnen kann der Wanderer stille Einkehr halten oder beten. Mit Blick auf ein Modell und beschriftete Ausdrucke kann er sich zudem darüber informieren, dass eine aufwendige Renovierung des Gotteshauses bevorsteht.

Vorbei an der Marienkapelle am Templhof reicht ein asphaltierter Weg bis zum stattlichen Eckhof. Dort biegt man nach Norden auf einen gekiesten Weg ab. Noch eine kleine Schleife, dann steht man vor dem Weiler Schlitten auf 780 Metern Höhe an einer leichten Erhebung, ehe es auf einem Pfad im Gras zum Eibenwald geht. Im Naturschutzgebiet – die Luft in diesem Quellgebiet ist einmalig frisch – führen zunächst Stiegen nach unten, später sind es Wege. 

Zum Innehalten laden Gedenkbretter ein, die der Künstler Hans Guggemos geschaffen hat. Eine Tafel am östlichen Waldrand erinnert an die Legende, dass Bischof Ulrich von Augsburg im Jahr 963 eine Reise nach Rom unternahm und sein Weg über Wessobrunn durch den Eibenwald führte. An dem heißen Tag quälte den Bischof der Durst. Vergeblich suchte er eine Quelle. Da beugte er sich nieder und machte mit dem Finger das Zeichen des Kreuzes. Im selben Augenblick soll klares Wasser aus dem Boden gesprudelt sein. Die Quelle wird ihm zu Ehren Ulrichsbrünnlein genannt. 

In Paterzell endet die erste Etappe der Nordschleife „Heilige Landschaft Pfaffenwinkel“. An der Kreisstraße steht die Ulrichskapelle. Von dort sind es noch 150 Meter bis zum Gasthof Eibenwald, wo man sich nach dem „Pilgern daheim“ eine stärkende Brotzeit verdient hat. 

Johannes Jais

Infos: Tourismusverband Pfaffenwinkel, Telefon 0 88 61/2 11 - 32 00,www.heilige-landschaft.de.

18.09.2022 - Bistum Augsburg